„Arbeitgeber:innen müssen bei Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten grundsätzlich die Möglichkeit zum Arbeiten im Homeoffice anbieten. Dies gilt, sofern nicht zwingende betriebliche Gründe dagegensprechen. Beschäftigte müssen das Angebot annehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. Dies können zum Beispiel mangelnde räumliche oder technische Gegebenheiten in der Wohnung des Beschäftigten sein“, so lesen wir im Januar 2022 auf der Homepage der Bundesregierung. Darauf sind viele nicht vorbereitet, auch wenn uns die Pandemie schon seit zwei Jahren in Atem hält. Wir fragten Sven Lapp, Geschäftsführer bei pro office in Bremen, wie damit umzugehen ist.
Sven, als uns die Coronapandemie 2020 heimsuchte, gab es da eine vermehrte Nachfrage nach Homeoffice-Lösungen?
Darauf haben wir tatsächlich gebaut. Wir hatten einen Run erwartet, hatten sofort ein Portfolio an Produkten zusammengestellt – mit geeigneten Tischen, Schreibtischstühlen und Leuchten –, daraus eine digitale Broschüre gestaltet und an unsere Kund:innen verschickt. Die Resonanz darauf war nicht so groß wie erwartet. Es gab auch nicht mehr Kund:innen in unseren Läden – jedenfalls nicht spürbar mehr als vor der Pandemie. Damit hatten wir nicht gerechnet.
Was wir sofort gespürt hatten, war, dass die Menschen in einer Art Stand-by-Einstellung lebten. Homeoffice war für viele bis dahin kein Thema. Sie begriffen diese Zeit als besondere Ausnahme und nahmen die Situation nicht zum Anlass, sich in ihrem Zuhause daran anzupassen und Möbel zu kaufen. Die Kundschaft lässt sich aufteilen in die wenigen, die vorher schon ein Arbeitszimmer hatten, und die überwiegende Mehrheit, die entweder nicht daheim arbeiten wollte oder sollte, und die, die nicht den Raum für solcherlei Überlegungen hatten. Viele haben einfach nicht den nötigen Platz, einen geeigneten Raum zum Arbeitsraum, zum Homeoffice umzuwidmen.
Wir waren irrigerweise davon ausgegangen, dass die Idee des Arbeitsplatzes in der Firma einigermaßen linear auf einen Arbeitsplatz im Homeoffice übertragen werden könnte. Sprich: Wir brauchen einen Schreibtisch, einen Stuhl, irgendein Organisationsmöbel und eine Leuchte. Aber da haben uns die Kund:innen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Natürlich, weil sie zu Beginn der Pandemie mit allerlei anderem zu tun hatten, und auch, weil sie einfach aus unterschiedlichsten Gründen zu gestresst waren, um sich über solche Anschaffungen Gedanken zu machen. Was haben die Leute gemacht? Die meisten haben sich an ihren Küchentisch auf einen ihrer Küchenstühle gesetzt.
Wie ist es denn euch in den zwei Jahren Pandemie als Einrichtungshaus ergangen?
Wie alle anderen auch, mussten wir erst einmal unsere Schockstarre überwinden. Danach kristallisierten sich zwei Typen von Kolleg:innen heraus: die Hysteriker:innen und die Phlegmatiker:innen. Die einen sahen unser Geschäftsmodell bereits als gescheitert, die anderen bewahrten einfach die Ruhe und forderten Gelassenheit. Wir tauschten uns sehr gut miteinander aus und halfen uns so über die Zeit. Letzten Endes sind wir mit ganz anderen Produkten und Beratungen durch die Krise gekommen, als wir erwartet haben.
Um welche Beratungen ging es da?
Wir haben nach der Anfangsphase der Pandemie Kontakt zu unseren Kund:innen, die das schon vor Corona gewohnt waren, auf digitalem Weg mittels Microsoft Teams oder Zoom aufgenommen. Das waren zum Teil amüsante Video-Sessions mit einem in einen Gimbal eingespannten Smartphone und eine:r Kolleg:in, die als Kamera:frau assistiert hat. So haben wir behelfsweise Beratungen in unseren Ausstellungsräumen organisiert.
Nach der harten Lockdown-Phase, als B-to-B-Kontakte wieder möglich waren, haben wir viele Projekte wieder aufgegriffen, die auf Eis gelegt waren.
Wir haben unser Geschäft dann doch ganz klassisch gemacht und nicht etwa mit unseren neuen Themen, die wir uns ausgedacht hatten: die eben schon erwähnten Homeoffice-Lösungen oder das Corona-konforme Büro. Auch dazu wollte kaum jemand eine Beratung von uns. Das Problem wurde von unseren Kund:innen ad hoc selbst organisiert. Die Schreibtische wurden an einem Vormittag umgestellt, der Besprechungsraum umgewidmet und zwei Drittel der Angestellten nach Hause geschickt. Da waren wir nicht gefragt, wie das einrichtungstechnisch zu lösen wäre.
Man kann aber davon ausgehen, dass sich die Arbeitswelten durch die Coronapandemie nachhaltig verändert haben. Die Unternehmen werden sich künftig anders organisieren, und das Homeoffice ist so schnell nicht mehr wegzudiskutieren. Spürt ihr das schon in euren Beratungsgesprächen?
Der Anteil der Homeoffices wird definitiv wachsen, weil die Unternehmen, die schon jahrzehntelang darüber doziert hatten, dass man zu neuen Arbeitsformen finden muss, durch die Pandemie zwangsläufig gemerkt haben, dass diese Alternativformen tatsächlich funktionieren. Corona ist dabei der Katalysator gewesen. Die Unternehmen haben erst einmal technisch erproben müssen, was sie schon lange im Visier hatten, und sie haben festgestellt, dass die Umsetzung der Homeoffice-Philosophie ohne großen Budenzauber umzusetzen ist. Und der überwiegend große Teil der Unternehmer:innen sah, dass sie ihren Mitarbeiter:innen vertrauen können. Die Zweifel, die vielleicht noch vor drei oder vier Jahren bestanden, haben sich nicht bestätigt: Die Leute bringen gute, meistens sogar bessere Ergebnisse. Das bestätigen uns auch unsere Unternehmenskund:innen. Wenn die Resultate der Arbeit stimmen, sei es einerlei, wann und wo sie entstünden. Schon deshalb wird der Anteil an Homeoffices steigen.
Was hat sich in der Definition eines Homeoffice in den letzten Monaten verändert?
Das Arbeitszimmer war bislang immer ein Transfer des Arbeitsplatzes aus der beruflichen Umgebung nach Hause. Die Möbel sahen vielleicht ein bisschen heimeliger aus oder hatten edle Holzoberflächen. Aber es war im Wesentlichen die Zusammenstellung von einem Tisch, einem Container, einem Stuhl und einer Leuchte. Das war eine lineare Übertragung. Schon vor Corona wurde diese Definition eines Arbeitsplatzes im gewerblichen Bereich infrage gestellt. Es wurden Fragen gestellt: Was ist denn gut, wenn die Leute mal konzentriert arbeiten müssen? Wo – anstelle des Schreibtischs, an dem vielleicht noch Kolleg:innen sitzen – finden Teams-Meetings statt? Und so weiter. Es wurden einige Visionen erdacht – aber nie umgesetzt –, ob man nicht auch andere Bereiche der zur Verfügung stehenden Flächen umwidmen könnte.
So entstand eine spannende Diskussion um die Begrifflichkeiten Arbeitsplatz versus Arbeitsort. Das klingt erst einmal nach einer sprachlichen Haarspalterei, hat aber einen wichtigen Kern: Warum lösen wir in unserem privaten Umfeld unsere Aufgaben in speziell darauf zugeschnittenen Räumen wie die Küche, das Bad, das Schlafzimmer und so weiter, erwarten aber, dass ein Schreibtisch, ein Drehstuhl und eine Leuchte das Optimum in der Lösung von Arbeitsaufgaben sein soll? Und das ohne große Veränderungen in den letzten sechzig Jahren.
Jetzt kommen wir zum Homeoffice: Hier wurden instinktiv die richtigen Lösungen entwickelt, um auch von zu Hause aus zu funktionieren. Die Menschen haben zu Hause ihre Nischen und Orte gefunden, ohne dass wir sie da großartig hätten beraten müssen. Und sie haben die kreative Entdeckung gemacht, dass sie an vielen Orten in der Wohnung arbeiten können. Sie mussten einfach funktionieren – vielleicht mit ein paar genervten Kindern im Homeschooling –, wenn ein Teams-Meeting um zehn Uhr anberaumt war. Sie mussten kreativ sein. Wenn am Küchentisch Hausaufgaben gemacht wurden, musste man sich zur Sitzung im Schneidersitz auf sein Bett zurückziehen – oder auf den Balkon, solange es das Wetter zuließ.
Noch einmal: Erstaunlich war, dass dazu keine Beratung erforderlich war. Die Lösungen entstanden ganz kreativ aus der Not heraus.
Sieht man es den Lösungen nicht an, dass sie aus der Not geboren sind?
Ja, mag sein. Gleichzeitig entstanden aber gemütliche Ideen. Mir sagte eine Innenarchitektin vor ein paar Wochen, sie zünde sich zu Hause im Homeoffice manchmal Kerzen an. Das fand ich total schön. Das fasst zusammen, was eine profimäßig durchdachte Einrichtung eines Homeoffice nicht kann: Cosiness. Diese Cosiness kriegst du auch auf einem Küchenstuhl an einem Eiche-Esstisch hin, an dem sonst gegessen, gestritten und diskutiert wird. Der Kaffeeduft liegt in der Luft, Kerzen werden angezündet. Für eine solche Situation im Homeoffice benötigst du keine speziell zugeschnittene Objektlösung.
Das ist für uns Einrichter eine interessante Erfahrung gewesen. Die Leute haben erst einmal nur reagiert – und oftmals erstaunlich kreativ reagiert. Sie haben sich gefragt: Wo kann ich denn hier zu Hause am besten arbeiten? Und an dem Ort, den sie gefunden haben, sind sie dann auch geblieben. Wenn sich etwas an ihrer Situation verändert hat – zum Beispiel, wenn die Kinder nach Hause kamen –, haben sie sich einen anderen Ort gesucht. Und mit diesem Gedanken schließt sich der Kreis zum Gedanken von eben: Zu Hause funktioniert die Philosophie, die wir Einrichter:innen seit Jahrzehnten präsentieren und diskutieren. Bis hin zum Bett haben sich unsere Kund:innen ihre Arbeitsorte gesucht.
Die Architekturhistorikerin Beatriz Colomina, Professorin an der Princeton University, hat sich in den letzten Jahren mit dem Thema Bed Working auseinandergesetzt. Sie las im Wall Street Journal, dass achtzig Prozent der jungen Fachkräfte von ihrem Bett aus arbeiten. Wie viele Meetings, wie viel gute Wissens- und Fokusarbeit wird im Bett gemacht? Es ist auch bei uns in Deutschland keine Seltenheit, dass an ganzen Vormittagen vom Bett aus gearbeitet wird – wir haben Kund:innen, die das sogar zugeben. (lacht)
Und damit wären wir bei der Frage, wie das in Zukunft aussieht.
Es wird in Zukunft genau diese Vielfalt sein. Von der klassischen Arbeitszimmerlösung, die eins zu eins die gleichen Möbel wie im Büro Büro ins Homeoffice transferiert, weil es von einem Menschen gedacht ist, der nur so in seinen Arbeitsmodus kommt, der die Büro Büroatmosphäre einfach nachahmt. Bis hin zu der Person, die sagt, sie brauche so etwas zu Hause nicht, und ein Arbeitszimmer würde ihr auch gar nicht guttun. Letztere wird man über kurz oder lang nicht mehr in die alten Strukturen pressen können. Wenn ich als Unternehmer:in diese Menschen wieder zurück ins Büro holen will, muss ich auch mein Raumangebot ändern. Ich gehe davon aus, dass sich die Aufteilung Betriebsstätte vs. Zuhause bei fünfzig zu fünfzig einpendeln wird. Die Unternehmen müssen Cosiness an den neuen Arbeitsorten in den Unternehmen erzeugen, die sich die Menschen unter Corona zu Hause geschaffen haben – übrigens ohne an ihrer Leistungsfähigkeit zu graben. Im Gegenteil. Die Effizienz – das geben viele Entscheider:innen zu – ist im Homeoffice eher besser geworden. Es gibt kaum jemanden, der sich darüber beschwert, dass die Leistungsfähigkeit gesunken sei. Und das ist eine große Leistung, wenn man das Thema Ablenkung sieht – in einer WG oder im Familienleben.
Ich denke, unsere Kund:innen werden in den nächsten Monaten und Jahren diese Erfahrungen verfestigen und werden aus dieser Position Produkte optimieren. Also werden die Ad-hoc-Lösungen, die während der Pandemie gefunden wurden, im Nachgang verbessert. Wir sehen zum Beispiel zurzeit, dass immer mehr Esstische gekauft werden, was daran liegt, dass gerade der Esstisch noch mehr zu einer Megabühne für Kommunikation, Arbeit und Familienleben geworden ist. Ein Möbel mit einem deutlich höheren Stellenwert in der häuslichen Einrichtung als noch vor sechs oder sieben Jahren. Damit wird der Esstisch noch mehr zum Herzstück einer Einrichtung.
Welche Produkte bzw. welche Möbelstücke wurden noch optimiert?
Was das Sitzen am Küchentisch angeht, hat es unsere Kund:innen am meisten gezwickt. Das Sitzen auf Küchenstühlen oder leicht zurückgeneigt auf Esszimmersesseln, das hat am wenigsten funktioniert. Wir merken, dass die Nachfrage nach gut gestalteten Drehstühlen enorm angestiegen ist – im völligen Missverhältnis zu Homeoffice-Tischen oder Sekretären. Diese Drehstühle finden einen festen Platz in der Einrichtung und werden nicht verschämt – wenn der Arbeitstag oder das Zoom-Meeting vorbei ist – in irgendeine Ecke geschoben, sondern sie stehen weiterhin an diesem neuen Multifunktionsmöbel Esstisch. Auch wenn abends frische Pasta auf den Tisch kommt, sitzt jemand von den Kids oder den Erwachsenen auf diesem Drehstuhl, weil er einfach sexy aussieht, weil er vielleicht schöne Oberflächen und Materialien hat. Der Stuhl stört überhaupt nicht, demonstriert aber, dass der Tisch als Bühne tagsüber noch andere Funktionen hat.
Wer oder was bestimmt aber darüber, welches der beste Arbeitsort in der Wohnung ist?
Das sagt dir schon dein Körper. Wie führe ich zum Beispiel ein ernstes Gespräch mit jemandem? Ich persönlich mache das am liebsten im Stehen. Wenn der Tisch oder der Sekretär, an dem ich arbeite, nicht höhenverstellbar ist, ist dieser Platz nicht der richtige Ort dafür. Vielleicht sollte ich dann mein Stressgespräch auf dem Balkon führen, wo ich weit gucken oder auf- und ablaufen kann.
Wir kriegen die Signale von unserem Körper, welche Umgebung uns in welchem Arbeitsmodus guttut. Nur haben wir einfach fünfzig Jahre lang nicht darauf gehört und gesagt: Das muss irgendwie am Schreibtisch gehen, denn dafür ist er ja da. Durch die Zwangsreduzierung auf den Wohnraum als Büro haben sich die Menschen auf den Weg gemacht, Lösungen zu finden. Und dabei sind unfassbar viele gute Ideen herausgekommen.
Die Bereitschaft unserer Kund:innen, diesen Komfort und diese Schönheit, die das Homeoffice bietet, wieder aufzugeben, ist nicht sehr ausgeprägt. Arbeitgeber:innen sind zurzeit stark gefordert, die Umgebung im Unternehmensbüro so zu ändern, dass Leute auch wieder Lust darauf haben, in die Firma zu gehen und die Präsenztage nicht als Last zu empfinden. Präsenz wird weiterhin ein ganz wichtiger Aspekt sein, um in Unternehmen zusammenzuarbeiten und -zuhalten. Durch die Bereitschaft, auch nach der Pandemie einen hohen Anteil an Homeoffice-Tagen beizubehalten, entstehen im Betrieb freie Flächen, die einer neuen Nutzung zugeführt werden könnten. Und: Die Arbeitgeber:innen müssen Gründe schaffen, warum man sein Homeoffice verlassen soll.
Das klingt ja so, als sei das Homeoffice der Arbeitshimmel auf Erden.
Man kann einen Heimarbeitsplatz nicht nur schönreden. Es war in der Startphase der Pandemie für viele Menschen sehr belastend, gerade auch dann, wenn kleine Kinder gleichzeitig beschult werden sollten. Das war eine sehr große Herausforderung. Das war nicht nur schöne neue Welt. Das ändert allerdings nichts an der Qualität der Erkenntnisse.
Sind denn diese Erkenntnisse – entwickelt von den External Creative Directors, euren Kund:innen – eingesammelt und irgendwie dokumentiert worden?
Wir haben die Ergebnisse fest in unsere Beratungskonzepte eingebaut. Unsere Art, einen Menschen zu beraten, der eine Homeoffice-Lösung sucht, hat sich nach den Erfahrungen, die wir da gemacht haben, total gewandelt – hin zu einem offeneren Gespräch. Wir gehen viel mehr auf die Erfahrungen der letzten zwei Jahre ein und appellieren an die Kreativität unserer Kund:innen. Und wir stellen Fragen, die wir vor zwei Jahren noch nicht gestellt haben. Braucht es zum Beispiel zu Hause wirklich ein Arbeitszimmer?
Wenn ihr einen Büroarbeitsplatz einrichtet, müsst ihr euch an ergonomischen Richtlinien orientieren. Ein Schreibtischstuhl ist nicht gleich ein Schreibtischstuhl, die Lichtsituation ist der Arbeit anzupassen. Man hat sich in diesem Feld in den letzten Jahrzehnten sehr viel Mühe gegeben. Gilt das alles fürs Homeoffice nicht mehr?
Ja, die Frage ist berechtigt! (lacht) Der Leidensdruck bei unseren kreativen Nutzer:innen in der Startphase der Pandemie war schon groß. Ich hatte ja eben das Thema Bürodrehstuhl angesprochen. Ein Küchenstuhl ist keine Lösung auf Dauer, wenn ich tageweise Vollzeit von zu Hause aus arbeite. Das Gleiche betrifft auch das Thema Beleuchtung – ohne jeden Zweifel. Das ist das, was ich vor ein paar Minuten mit Optimierungen meinte. Die Beleuchtungsindustrie hat übrigens bereits reagiert. Wir haben in unserer Ausstellung einige Hybrid-Leuchten, die über einen Akku arbeiten. Klingt jetzt erst mal merkwürdiger, als es in der praktischen Umsetzung ist. Diese Leuchten haben eine kleine Ladestation – völlig unkompliziert magnetisch. Ich nehme die Leuchte überall mit hin und habe auf der hellsten Stufe für bis zu acht Stunden Licht. Kommt abends die Pasta auf den Tisch, kommt die Leuchte zurück in ihre Ladestation. Das sind freundliche Produkte, die auch für das Zuhause geeignet sind.
Was meinst du damit?
Wir sehen eine Tendenz zu Hybrid-Entwürfen – bei Möbel- und auch bei Leuchtenherstellern –, die gerade auch dieser neuen Nutzung in privater Umgebung gerecht werden. Und das sind auch genau die Möbel und Leuchten, die uns als pro office interessieren.
Kannst du ein Beispiel für eine Hybrid-Leuchte nennen?
Nimm zum Beispiel Roxanne von Nimbus. Die Leuchte ist im Hybrid-Bereich Vorreiter und schon seit zehn Jahren am Markt. Damals hat allerdings keiner danach gefragt. Jetzt gibt es unzählige Anwendungen dafür, gerade auch im Homeoffice. Die Leute entdecken für sich, dass so ein cleveres Produkt Probleme löst. So wie ich meinen Laptop mit ins Bett nehme, kann ich jetzt auch die Beleuchtung mitnehmen. Und umgekehrt: Wieso soll ich meine Pasta nicht auf einem Bürostuhl genießen, wenn er bequem ist und dazu noch ausgesprochen gut ausschaut?
Und was wird aus den klassischen Büros?
Es gibt je nach Branche und je nach Tätigkeit unterschiedliche Verteilungskurven. De facto arbeiten die Arbeitgeber:innen daran, eine neue Umgebung zu schaffen. Auch in diesem Bereich fallen viele Beratungsleistungen an. Das läuft parallel zu allen Entwicklungen, die sich im Homeoffice vollziehen. Die klassischen Büroflächen sind extremem Wandel ausgesetzt. Die frei gewordenen Flächen müssen umgewidmet werden. Dazu kommt das, was ich zu Beginn unsere Gespräches Sexyness von klassischen Arbeitsplätzen nannte. Man muss Gründe liefern, damit die Leute zurück ins Büro kommen. Man muss eine Umgebung schaffen, die die Cosiness von zuause zumindest zum Teil auch bieten kann.
Wenn es so ist, dass wir – der Einfachheit halber – nur noch zur Hälfte im Betrieb und zur anderen Hälfte zu Hause arbeiten werden, dann fallen sinnvollerweise auch feste Arbeitsplätze weg. Ich muss mir zukünftig meinen Platz suchen oder mit jemandem teilen.
Ja, mit Sicherheit. Die Zahl der klassischen Schreibtische wird rapide abnehmen – in einigen Betrieben auf fünfzig Prozent der Belegschaft. Die anderen fünfzig Prozent Arbeitnehmer:innen treffen sich an anderen Orten, um sich auszutauschen. Dazu entwickeln wir entsprechende Lösungen. Wir haben zurzeit zum Beispiel mit Steelcase eine Ausstellung laufen, da ist ein Möbel dabei, das sieht aus wie ein Business-Class-Sitz – eine kleine Einhausung, die eine Gemütlichkeit und Geborgenheit mit sich bringt, die wir früher im Büro nicht bieten konnten. Da kann man sich hinsetzen, wenn man drei Tage im Außendienst war oder nach einem Messebesuch zurückkommt, um den Messebericht fertig zu machen. Man sinkt in diesem Sitz ein. Botschaft nach außen: Hier will jemand nicht gestört werden.
Anderes Beispiel: Dass man ein Konfliktgespräch in zwei hohen Alcove-Sofas von Vitra besser und geräuschärmer löst als am Schreibtisch, wird auch niemand infrage stellen. Das heißt, die Erfahrungen, die wir zuletzt mit unseren privaten Kund:innen gesammelt haben, die bestätigen unsere Ziele in der Beratung, wenn es um gewerbliche Kund:innen geht. Wir haben sehr viel von unseren Kund:innen gelernt.
Sven, vielen Dank für diese interessanten Einblicke!