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Nachhaltigkeit trifft auf Effizienz 

Die Berichte des IPCC zeigen deutlich: Der Transportsektor ist einer der Hauptverursacher globaler Treibhausgasemissionen. Vor allem der Güterverkehr, einschließlich Luft- und Seefracht, trägt erheblich zur Klimabelastung bei. Jürgen W. Konrad diskutiert in diesem Interview, wie sich Unternehmen den Herausforderungen der Dekarbonisierung stellen und welche Innovationen und Technologien Hoffnung geben. Die Zukunft des Verkehrs – ein Balanceakt zwischen Nachhaltigkeit und Effizienz.

Aus dem sechsten Band der morgen-Reihe zum Thema Mobilität

Laut sechstem Sachstandsbericht des IPCC beträgt der Anteil des Transportsektors an den globalen Treibhausgasemissionen 13 Prozent, wobei nahezu die Hälfte davon auf den Güterverkehr – einschließlich der anteiligen Luft- und Seefracht – zurückzuführen ist. Transport, Lagerung und Verpackung führen zu bedeutenden Umweltauswirkungen wie Energieverbrauch, Flächenbedarf, Schadstoffemissionen, Lärm und Abfallproduktion. Jürgen, besteht in der Politik und bei den Unternehmen ein Verständnis dafür, welche Herausforderungen bewältigt werden müssen, um die Ziele des IPCC zu erreichen?

Ich glaube schon. Unternehmen streben ohnehin danach, ihre Kosten zu minimieren, was oft am besten durch einen ressourcenschonenden Umgang mit fossilen Brennstoffen erreicht wird. Allerdings ist der Übergang zu nachhaltigen Praktiken ein langwieriger Prozess. Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 CO2-neutral zu sein – ein ambitioniertes Vorhaben, dessen Realisierbarkeit noch schwer einzuschätzen ist. Es könnte sein, dass wir dieses Ziel früher erreichen oder unnötige Verzögerungen erleben. 

Jürgen W. Konrad (*1961) ist Journalist, Biograph, Historiker, Inhaber der PR-Agentur JWK Public Relations und ehemaliger Chefredakteur des Bremer Logistikmagazins Logistics Pilot.

Wie schätzt du die Möglichkeiten ein, dass Unternehmen im Logistiksektor Kosten senken und gleichzeitig ihre Nachhaltigkeit verbessern?

Das ist eine komplexe Aufgabe, die nicht über Nacht gelöst werden kann. CO2-Neutralität bis 2045 werden wir wohl nur erreichen können, wenn wir auch Kompensationen gelten lassen. Immerhin helfen auch die Verbraucher:innen mit. Sie achten zunehmend darauf, wie nachhaltig die gesamte Lieferkette ist, auch wenn nicht jede:r beim Kauf jedes Detail der Produktions- und Lieferbedingungen überprüfen kann. Noch fehlen verlässliche Siegel, die eine umfassende CO2-neutrale Produktion bestätigen.

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Aber der Kaiser ist doch nackt! 

Wie wollen wir in Zukunft leben und uns fortbewegen? Katja Diehl, Expertin für Mobilität und Autorin, spricht im Interview über die „Drei V“ der Mobilitätswende: Vermeiden, Verlagern, Verbessern. Dabei geht es ihr nicht nur um die Reduktion von CO2-Emissionen, sondern auch um Gerechtigkeit und Lebensqualität. Katja hinterfragt die tief verwurzelte Faszination für das Auto in unserer Gesellschaft und fordert eine radikale Neuausrichtung unserer Mobilitätskonzepte. 

Katja, was verstehst du unter den Drei V der Mobilitätswende?

Die drei V – Vermeiden, Verlagern, Verbessern – sind eigentlich nichts Neues. Das Konzept ist schon lange bekannt, und es geht weniger um Erkenntnis, sondern vielmehr um die Umsetzung. Was mich besonders stört, ist, dass die Mobilitätswende oft nur auf CO2-Reduktion begrenzt wird, dabei geht es doch auch um Gerechtigkeit.

Katja Diehl, geboren 1973 im Emsland, ist Autorin, Moderatorin, Keynote-Speakerin mit Schwerpunkten in Mobilität, New Work, Female Leadership und unternehmerische Veränderung. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen mit dem Deutschen Mobilitätspreises vom Bundesverkehrsministerium und dem Deutschen Wirtschaftsbuchpreis« und zählt zu den 25 TopVoices bei LinkedIn.

Das erste V steht für Vermeiden. Genau das machen wir gerade, indem wir unser Gespräch online führen, statt uns persönlich zu treffen. Viele meinen immer noch, sie müssten für ein einstündiges Meeting innerhalb Deutschlands fliegen. Dabei wäre es doch viel besser, solche Wege einfach zu vermeiden – das spart am meisten CO2.

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Das Fahrrad als Kultobjekt

Das Fahrrad, eine der bescheidensten und doch einflussreichsten Erfindungen der Menschheitsgeschichte, hat sich von einfachen Holzrädern zu hochmodernen E-Bikes entwickelt, die heute unser tägliches Leben prägen. Seine Evolution spiegelt den technischen Fortschritt und die gesellschaftlichen Veränderungen wider und steht heute im Zentrum der Diskussionen über Nachhaltigkeit und urbane Mobilität. Diese Entwicklung zeigt, wie das Fahrrad zu einem unverzichtbaren Bestandteil unseres Strebens nach einer umweltfreundlicheren und lebenswerteren Zukunft geworden ist.

Hirondelle Superbe von 1888/91, entworfen von der Manufacture Française d’Armes et Cycles

In der Geschichte der Menschheit gibt es nur wenige Erfindungen, die so bescheiden beginnen und dennoch einen so weitreichenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben wie das Fahrrad. Seine Geschichte ist eine faszinierende Odyssee von einfachen Holzrädern bis zu hochmodernen E-Bikes, die heute unser Freizeit- und Alltagsverhalten zunehmend prägen – nicht zuletzt gegen des Klimawandels.

Das Sicherheitsniederrad, entwickelt vom Kärntner Josef Erlach im Jahre 1880, ist aus
geschmiedetem Eisen gefertigt und konnte schon mit zwei Gängen gefahren werden.

Die Geschichte des Fahrrads ist tief in den technischen Neuerungen und gesellschaftlichen Veränderungen des 19. Jahrhunderts verwurzelt. Karl Drais, ein deutscher Forstbeamter und Erfinder, brachte 1817 eine Innovation hervor, die als Draisine oder Laufmaschine bekannt wurde. Dieses frühe Fahrrad war eine Antwort auf einen praktischen Bedarf: Nach dem Ausbruch des Tambora-Vulkans in Indonesien im Jahr 1815 erlebte die Welt das „Jahr ohne Sommer“, was zu Missernten und einem Mangel an Futter für Pferde führte. Drais‘ Erfindung bot eine notwendige Alternative zur pferdegestützten Fortbewegung – in dieser Zeit der Not besonders nützlich.

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Was braucht es für die grüne Mobilitätswende?

In einer Welt, geprägt durch Hypermobilität und Digitalisierung, erörtert Prof. Rammler, ein Experte für Verkehrsfuturologie, die kritischen Herausforderungen unserer vernetzten Gesellschaft. Wir beleuchten für Band sechs der morgen-Reihe die Notwendigkeit einer resilienten Infrastruktur und untersuchen die Möglichkeiten einer schnellen Verkehrswende in einer auf fossile Brennstoffe ausgerichteten Ära. 

Vor zehn Jahren hast du dein Buch Schubumkehr veröffentlicht, das für mich die umfassende Quelle zum Thema Mobilitätswende ist. Bevor wir uns den einzelnen Trends widmen, würde ich gerne von dir wissen: Wie schätzt du die Entwicklung in der Mobilitätswende der letzten zehn Jahren ein? Wo stehen wir?

Als ich vor zehn Jahren Schubumkehr veröffentlichte, zielte ich darauf ab, die Konzepte der Verkehrswende, die zu dieser Zeit noch neu und entwicklungsbedürftig waren, in einem leicht verständlichen und überzeugenden Narrativ darzustellen. Damit wollte ich ein Bild skizzieren, das es Konsument:innen, Politiker:innen und Entscheider:innen ermöglicht, die potenziellen Auswirkungen einer realisierten Verkehrswende zu begreifen. Doch wenn ich heute zurückblicke, scheinen wir kaum Fortschritte gemacht zu haben. Einiges an der damals entwickelten konzeptionellen Intelligenz ist möglicherweise schon wieder verloren gegangen.

Eckard Christiani im Gespräch mit Prof. Stephan Rammler

Besonders im Bereich der Elektromobilität, der einst als zentrales Anliegen der Antriebswende galt, erleben wir erhebliche Verzögerungen, vor allem auf dem deutschen Markt. Die deutsche Autoindustrie scheint die notwendige Transformation nicht erfolgreich umsetzen zu können, was teilweise auf den starken Einfluss der Unternehmenslobbys auf die Politik zurückzuführen ist. Dies führt zu Rückschritten bei der Elektromobilität.

Die Akzeptanz seitens der Verbraucher:innen ist ebenfalls nicht dort, wo sie sein müsste, was zum Teil durch den Wegfall von Fördergeldern und die noch unzureichende Infrastruktur bedingt ist. Das aktuell etablierte Modell der Elektromobilität entspricht nicht dem, was ich in meinem Buch beschrieben habe. Ich hatte mir Elektromobilität als Systeminnovation vorgestellt, die alle Verkehrsträger umfasst und öffentlichen Verkehr, private Mobilität mit Fahrrädern und Mikromobilität integriert. Das angestrebte Ziel war, den privaten Autobesitz möglichst überflüssig zu machen und die notwendige Automobilität auf essentielle Dienste wie Rettungsdienste oder Polizei zu beschränken. Also ein sehr beschränktes Modell der Automobilität – in der Hauptsache im urbanen Bereich.

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