Permakultur ist ursprünglich ein nachhaltiges Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau, das darauf basiert, natürliche Ökosysteme und Kreisläufe in der Natur genau zu beobachten und nachzuahmen. Das Konzept entwarf in den 1970er-Jahren der Australier Bill Mollison zusammen mit seinem Schüler David Holmgren. Ulrike Windsperger beschäftigt sich seit 40 Jahren mit Permakultur. Sie studierte Gartenbau, Erziehungswissenschaften und Soziologie, hat eine Ausbildung als Kräuterpädagogin, ist Imkerin und war viele Jahre Vorsitzende eines Imkervereins. Sie weiß, wie das nachhaltige Gärtnern auch auf dem Balkon gelingen kann. Wir haben nachgefragt.
Frau Windsperger, Permakultur ist in aller Munde und eine Art Modewort geworden. Was ist denn eigentlich Permakultur?
Permakultur setzt sich zusammen aus den beiden Begriffen permanent und Agrikultur, also dauerhafte Landwirtschaft. Der Begriff Permaculture wurde im Jahr 1975 vom Australier Bill Mollison, den man auch Vater der Permakultur nennt, geprägt. Der Begriff ist seitdem aktiv und passiv als Ideenkonstrukt in der Welt und Grundlage für Planungsumsetzungen. Permakultur bedeutet eine sich selbst erhaltende Landwirtschaft, insbesondere auch ein sich selbst erhaltender Garten. In der Landwirtschaft werden überwiegend einjährige Produkte angebaut. Das Problem ist, dass in der konventionellen Landwirtschaft nur Monokulturen vorherrschend sind, während in einer biologisch-dynamischen immer Untersorten – auch Blüten und Heilpflanzen für Insekten – integriert sind. Ich selbst habe mit Permakultur auf dem Balkon begonnen, als ich noch gar nicht wusste, dass es diesen Begriff überhaupt gibt. Ich war damals der Zeit weit voraus. In meinem Gartenbaustudium habe ich nichts zu diesem Thema gehört und das meiste dazu selbst recherchieren müssen.
Wie muss ich mir das vorstellen? Wie haben Sie mit Permakultur begonnen?
Ich hatte einen sehr großen kahlen Balkon über die gesamte Länge der Wohnung, den ich nach und nach bestückt habe, bis keine Liege, keine Stühle oder Tischchen mehr Platz hatten. Dort wuchsen Kürbisse, Weintrauben, Kartoffeln, Kräuter und mehr und nahmen den gesamten Raum ein. Das war für unsere Freund:innen und Bekannten ein wunderbares Anschauungsobjekt. Der Bayrische Rundfunk war da und hat einen Beitrag über meinen Balkon gebracht. Man fand damals erstaunlich, welche Artenvielfalt an Pflanzen auf einem Balkon möglich ist. Beinahe alles wächst dort.
Und es hat entscheidende Vorteile, auf dem Balkon zu gärtnern. Wenn man das so macht, wie ich mir das damals selbst beigebracht hatte, kann man auf Kunstdünger und präventive Insektizide verzichten. Ich wollte ökologisch nachhaltig arbeiten, zum Beispiel selbst kompostieren und auch darauf achten, welche Pflanzen für Insekten und Vögel wichtig sind.
Wann haben Sie diesen Balkon gestaltet?
Das war im Jahre 1980, als ich diese Wohnung bezog. Ich bin schon von klein auf in der Familie mit Garten sozialisiert aufgewachsen. Als Kind ist man natürlich eher mit der Ernte beschäftigt als mit dem Säen und Pflanzen. Lästiges Thema bei uns Kindern war damals das Unkrautzupfen, das meine Eltern propagierten. Heute weiß ich, dass diese Strategie vollkommen falsch war. Unkraut gibt es nicht. Deswegen habe ich auf meinem Balkon den Anflug von Samen, den es immer gibt, beobachtet und diese Wildpflanzen in meinem Garten zwischen den Kulturpflanzen teilweise integriert. So lernt man eine ganz andere Sichtweise auf die Natur. Pflanzen suchen sich selbst ihren Weg, und wo es schön ist, bleiben sie.
Noch einmal ganz konkret: Wenn ich mit Permakultur auf dem Balkon beginnen möchte, was muss ich da bedenken? Was sind die entscheidenden Geheimnisse?
Bevor Sie anfangen können zu planen, ist es wichtig zu wissen, welche Himmelsrichtung der Balkon hat. Wenn er nach Süden oder Westen geht, können Sie ganz andere Pflanzen anbauen, als wenn Ihr Balkon Richtung Norden oder Osten schaut. Ich kann aber in jedem Fall etwas anbauen. Geht mein Balkon Richtung Süden oder Westen, kann ich beispielsweise mediterrane Kräuter anbauen. Ich kann Salate oder Wildkräuter wie Brennnessel oder Löwenzahn anbauen, die zudem nachgewiesenermaßen auch Heilpflanzen sind. Für unser Immunsystem ist es allemal gut, die Wildpflanzen mit den besten Inhaltsstoffen zu integrieren und später zu verarbeiten.
Welche Heilpflanzen fallen Ihnen dazu ein?
Löwenzahn ist eine unserer wichtigsten Heilpflanzen. Der Spitzwegerich wirkt antibakteriell und auch antiviral. Die Schafgarbe ist eines der Heilkräuter für die Frauen, die mit Menstruationsbeschwerden zu tun haben. Die Vogelmiere schmeckt nach jungem Kohlrabi und ist einer der größten Vitamin-C-Lieferanten – größer sogar als Zitrusfrüchte. Das kleine Pflänzchen wächst sehr gern nordseitig, da es ein Flachwurzler ist und bei Hitze auf dem Südbalkon sehr schnell austrocknen würde. Die Vogelmiere erhält sich selber durch Aussamen und kann das ganze Jahr über geerntet werden.
Mein Tipp: möglichst wenig tun und der Natur – auch auf dem Balkon – ein Stück weit freien Lauf lassen. Im Garten mehr noch als auf dem Balkon, weil hier die Nutzflächen gegebenermaßen begrenzter sind. Und ich möchte vielleicht im Sommer Radieschen und Kohlrabi, Zucchini oder Kartoffeln, Bohnen oder Erbsen anpflanzen. Das sind einjährige Gemüse- und Salatarten. Nach der Ernte kann ich Nachkulturen säen, so dass ich auch den Winter über ernten könnte. Da gibt es eine ganze Menge an Grünzeug, das man eigentlich ständig ernten kann, zum Beispiel Postelein oder Feldsalat, Barbarakraut, Mangold und Vieles mehr.
Balkone – und auch Gärten – sind oftmals so angelegt, dass man möglichst wenig Arbeit damit hat. Nun sagen Sie, man solle die Pflanzen auf dem Balkon sich selbst überlassen. Und trotzdem klingt es nach sehr viel Arbeit – auch Wissensarbeit. Täuscht mein Eindruck?
Es kommt auf die Größe des Balkons an und auf Ihre Idee, was Sie anbauen möchten. Dafür brauche ich einen gezielten Anbauplan, sodass ich die Vertikale und die Horizontale gleichermaßen ausnutze. Wenn ich zum Beispiel die Schmetterlingsblütler Stangenbohnen oder auch Erbsen anbaue, dann kann ich dazu immer auch noch eine Menge anderer Pflanzen setzen: verschiedene Salate, Mangold, Kohlrabi oder Starkzehrer mit hohem Nährstoffbedarf wie Brokkoli, Rosenkohl oder Radieschen. Ich mache mir also einen Plan, was ich gerne esse, und das baue ich dann an. In meinem Buch finden Sie Vorschläge, was gut zusammen gedeiht. Die Pflanzen ergänzen und unterstützen sich gegenseitig. Schmetterlingsblütler bilden beispielsweise Stickstoffdepots an ihren Wurzeln. Dieser Stickstoff ist pflanzenverfügbar. Das heißt, andere Pflanzen, die viel Stickstoff brauchen, leben in Symbiose mit den Schmetterlingsblütlern. Deswegen bin ich so begeistert bei allem, was mit Pflanzen zu tun hat, weil jede Pflanzenfamilie ihre Spezialität hat, die nur sie kann und eine andere Familie nicht. Sich in so etwas einzulesen, braucht natürlich eine gewisse Zeit, aber so können Sie den wenigen Raum, den manch ein Balkon bietet, optimal ausnutzen.
Denken wir uns einmal ein Beispiel aus: Ich habe einen 12 Quadratmeter großen windgeschützten Südbalkon in einem großstädtischen Innenhof. Sonneneinstrahlung zwischen neun Uhr dreißig und fünfzehn Uhr. Ich koche und esse gern mediterran – sehr gern übrigens mit Kräutern. Was machen wir mit diesem Balkon?
Da lässt sich eine ganze Menge machen. Alle Gewächse des Südens sind hier geeignet. Allerdings hat die Nachmittagssonne eine viel stärkere Kraft als die Vormittagssonne – das sollte bedacht werden. Sie können Tomaten gemeinsam mit Basilikum pflanzen oder Auberginen, Radieschen, Knoblauch, Paprika, Chili, Zwiebeln kultivieren und die Wärme auf dem Balkon nutzen. So können Sie den ganzen Sommer über ernten.
Wichtig ist auch die Auswahl der Pflanzgefäße und das Konzept des Bewässerungssystems. Die meisten Anfänger haben eine Töpfchenkultur – so habe ich auch begonnen. Ich erinnere mich noch an eine Beratung, bei der die Gärtnerin 250 Töpfchen auf ihrem Balkon stehen hatte und sich beklagte, dass alles nicht so richtig wachsen würde und vieles vertrocknet sei. Die meisten Pflanzen sind in Torfkultur angezogen. Trocknet Torferde einmal aus, wird sie nie mehr Wasser halten können. Deswegen brauche ich Erde, die wirklich diesen Namen verdient.
Wie sieht es mit Kräutern wie Rosmarin oder Thymian aus? Ich selbst habe schon oft probiert, Salbei auf dem Balkon zu halten. Jedoch meist mit dem Ergebnis, dass er vertrocknete oder sich Mehltau auf den Blättern bildete.
Der Fehler passiert oft ganz zu Anfang. Die meisten kaufen ihre Pflanzen im Baumarkt. Das sind oft schnell herangezogene Pflanzen, die bis dahin schon unnatürliche Lebensbedingungen gehabt haben. Ich empfehle allen, nur in zertifizierten Bioland-, Naturland- oder Demeter-Verbänden ihre Pflanzen und auch biologisches ungebeiztes Saatgut – keine Hybride – einzukaufen. Es gibt auch viele, die selber gern säen, pikieren und weiterveredeln. Diese Pflanzen haben in der Regel weit weniger Probleme als das Glump aus dem Baumarkt.
Ein paar Worte noch zum Mehltau. Der echte Mehltau, ein Pilz, ist auf der Blattoberseite, der falsche auf der Blattunterseite. Für uns Menschen ist Mehltau nicht schädlich, aber er schwächt die Pflanze. Es gibt präventiven Pflanzenschutz – auch gegen Mehltau –, den man mit diesen drei wichtigsten Pflanzen organisieren kann: die Brennnessel, der Ackerschachtelhalm und der Rainfarn. Weitere Pflanzenhelfer sind Tee aus Löwenzahn, Zwiebelschalen, Beinwell-, Ringelblumen und Tomatenblätterjauche.
Welche Gefäße sollte ich wählen?
Entsprechend der Philosophie der Permakultur sollte auch beim Balkongärtnern Müll vermieden werden. Aus diesem Grund werden idealerweise möglichst viele der benötigten Dinge wiederverwendet oder selbst gebaut. Ich habe mit ausrangierten Holzkisten aus einem Kindergarten angefangen. Die waren groß genug, um darin Wein und Kartoffeln anzubauen. Nach einigen Jahren sind die Kisten verrottet. Inzwischen schätze ich die sehr leichten Glasfibergefäße oder hochgebrannte glasierte Gefäße, die auch frostsicher sind. Bitte keine Maurer- oder Mörtelkübel – in dem Kunststoff sind schädliche Weichmacher. Keine schwarzen bzw. dunklen Gefäße benutzen, diese heizen sich so stark auf, dass die Pflanzen das nicht überleben. Und lieber einige wenige große Gefäße – Pflanzen lieben es, miteinander zu leben. Das kennen wir von uns – das Alleinsein tut uns auch nicht gut.
Ist in diesem Zusammenhang auch die Cradle-to-Cradle-Bewegung einen Exkurs wert?
Auf alle Fälle! Übersetzt heißt das von der Wiege zur Wiege. Ebenso wie der Slogan Abfall war gestern besagt sie, dass heutzutage nichts mehr für den Müll – also von der Wiege zur Bahre – produziert werden soll. Einer der Pioniere der Bewegung, Michael Braungart, proklamiert eine neue industrielle Revolution, in der alle Produkte nur noch so intelligent hergestellt werden, dass sie biologisch oder technisch in Gänze wiederverwertet werden können. Aus Abfall sollen so immer wieder verwertbare Stoffe geboren werden.
Das heißt also für uns: Wenn Sie Ihren Balkon neu bestücken, denken Sie auch gleich an das Ende der eingeplanten Produkte und überlegen Sie, ob sich diese rückstandslos in eine Kreislaufwirtschaft einfügen lassen.
Macht Permagärtnern glücklich?
Als ich begann, das Buch Permakultur auf dem Balkon zu schreiben, las ich einen Artikel darüber, wie sehr sich die Menschen an Vogelstimmen erfreuen. Nicht gerade die Amsel um vier Uhr in der Früh, aber Vogelstimmen seien ein akustisches Sinnbild für Lebendigkeit in der Natur. Ich meine, dass wir Menschen zu sehr auf materielle Dinge fokussieren und zu wenig auf die Natur, aus der wir unsere eigentliche Kraft schöpfen.
Wenn wir Vogelstimmen hören oder das Brummen einer Hummel, entstehen Glücksgefühle. Nicht nur in Coronazeiten sollten wir uns auf das Einfachere fokussieren – nicht nur auf kurzfristigen überflüssigen Konsum, bei dem sich beim Einkaufen kurzfristig ein nettes Gefühl einstellen mag. Was macht uns wirklich glücklich? Ich behaupte steif und fest, dass Gärtnern glücklich macht. Was gibt es Schöneres, als wenn ich meinen Schnittlauch frisch schneiden oder meinen Mangold ernten kann?
Glücksgefühle sind für das Immunsystem von großer Bedeutung. Damit wird unsere Resilienz positiv unterstützt. Gestärkt wird sie etwa durch Erfolgserlebnisse – und die bieten sich beim urbanen Gärtnern zuhauf: Ob beim Betrachten, beim Naschen von Beeren oder beim Ernten von Kräutern oder Gemüse. Es sind immer die einfachen Dinge, die uns glücklich und zufrieden machen.
Es gibt diese tiefe Dankbarkeit in mir, wie gut wir es haben. Nicht nur das Permagärtnern auf dem Balkon oder im Garten liefert uns beste Lebensmittel, auch in Bioland-, Naturland- oder Demeter-Läden erhalten wir wertvollste und gehaltvolle Gemüse- oder Kräutersorten. Damit unterstützen wir unsere Gesundheit und gleichzeitig die ökologische Landwirtschaft.
Beim Gärtnern auf dem Balkon lernt man so ganz nebenbei, welche natürlichen Abläufe es gibt.
Richtig! Dabei gilt es auch, den Respekt und das Wissen über häufig ungeliebte Tiere wie Käfer, Spinnen oder Kellerasseln zu erlernen. Diese Tiere sind keine Schädlinge, sondern erfüllen wichtige Aufgaben im System der Natur. Insekten aller Art stellen die wichtigste Nahrungsquelle für die von uns geliebten und geschätzten Vögel dar. Ohne Insekten haben sie keine Überlebenschance.
Laut der Krefelder Studie sind seit 1989 mehr als 75 % aller Insektenpopulationen verschwunden. Ohne Insekten würde der gesamte Naturkreislauf zusammenbrechen.
Neulich habe ich in der Tagespresse gelesen, dass wir noch 55 Ernten mit ausreichenden Erträgen vor uns haben, danach seien unsere Böden ausgelaugt und tot. Jedes Jahr verliert die Menschheit etwa zehn Millionen Hektar fruchtbaren Boden. Diese Meldung ist einfach untergegangen.
Wir haben es selbst in der Hand. Ich zum Beispiel kaufe keine Putzmittel ein, die nicht ökologisch abbaubar sind. Da muss man nicht dogmatisch sein, sondern konsequent. Das ist für mich ein Unterschied. Ich möchte unsere Flüsse nicht mit dem Chemiezeug, was Unilever und Bayer herstellen, versauen. Lieber weniger Mittel, dafür aber gute.
All das gehört zusammen: die Ernährung, die eigene Freude, die Gesundheit und die Verantwortung für nachfolgende Generationen. Nachhaltigkeit beginnt immer bei mir selbst und dass ich mir selber selbstverständlich etwas Gutes tue.
Müssen wir auch die Auswirkungen des Klimawandels bedenken?
Absolut! Seit vielen Jahren kennzeichnen höhere Temperaturen und geringere Niederschläge unser Klima. In den ersten zwanzig Jahren dieses Jahrhunderts haben wir sage und schreibe sechs sogenannte Jahrhundertsommer mit Temperaturen bis zu 40 °C erlebt; das Jahr 2020 wurde als das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 festgestellt.
Die Auswirkungen des Klimawandels können für Pflanzen und Tiere verheerend sein. Beispielsweise haben Ostwinde erheblich zugenommen und halten oft tage- oder sogar wochenlang an. Damit kommt heiße kontinentale Luft zu uns, die außerordentlich trocken ist. Unter diesen Umständen können Pflanzen keinen Nektar bilden, was für Honigbienen und andere Insekten lebensbedrohlich ist.
Gleichzeitig haben Niederschläge dramatisch abgenommen. Pflanzen, Bäume und Gehölze sind nicht ausreichend mit Wasser versorgt, um Harz zu bilden, das sie zur Abwehr von Schädlingen wie dem Borkenkäfer brauchen.
Was bedeutet das für unsere Balkonplanung?
Das hat natürlich Auswirkungen für unsere Balkonbepflanzung. Während wärmeliebende Pflanzen wie mediterrane Kräuter oder auch die Okraschote aus Asien vom Klimawandel profitieren, weil sie Sonne und warmes Wetter bevorzugen, benötigen viele heimische Pflanzen besonderen Schutz. Manche Gewächse werden nicht mehr so gut wie vorher gedeihen. Rhabarber beispielsweise benötigt Frostperioden.
Selbst ein noch so kleiner Balkon kann mit einer optimalen Bepflanzungsstrategie einen Beitrag zum Klimaschutz leisten: Durch die üppige dichte Bepflanzung reduziert sich nämlich auf dem Balkon die Temperatur und verbessert dort das Kleinklima spürbar. Große Blattmassen, wie wir sie etwa bei Zucchini- oder Kürbispflanzen oder dem üppigen Laub von Weintrauben finden, verdunsten viel Wasser und regulieren dadurch Hitze. Sie spenden Schatten und reduzieren so die sommerliche Wärme auf ein erträgliches Maß.
Sind Sie eigentlich zuversichtlich, dass die immer wiederkehrenden Warnrufe des IPCC irgendwann gehört werden und man die richtigen Schlussfolgerungen daraus ableitet?
Nein! Ich bin Realistin – allerdings immer mit einem Funken Hoffnung. Ich engagiere mich schon so lange für ökologischen und soziale Belange, für alles, was das Leben ausmacht. Ich sehe keine Verbesserung. Vor vierzig Jahren haben wir schon eine Bodenrechtsreform gefordert. Es ist nichts passiert. Große Firmen und Investoren kaufen das Land weg. Bauern wissen nicht, wie sie anbauen sollen.
Ist das komplexe Thema Boden vielleicht zu speziell?
Ich mache Seminare zu diesem Thema. Aber ein gutes Beispiel ist, dass das Thema Erde auch auf dem Balkon eine entscheidende Rolle für das Wohlergehen der Pflanzen spielt. Die meisten kaufen auch hier ihre Erde im Baumarkt – dann kann auch der Salbei nichts G’scheites werden (lacht). Nein, wir brauchen Erde aus dem Bioladen, die ohne Torf hergestellt ist. Ich kann immer auch schauen, ob es in meiner Umgebung ökologisch wirtschaftende Bauern gibt. Die bieten oft Humus oder Kompost an. Konventionelle Erde schafft nur unnötige Probleme. Getreide wird mit Halmverkürzungsmitteln bespritzt. Würde ich eine solche Erde, in der diese chemischen Mittel wären, für meine Bohnen verwenden, würden sich die Pflanzen nicht gegen Himmel strecken. Dieses Stauchungsmittel verhindert, dass sich Pflanzen strecken. Wir denken immer zu kurz.
Es erfordert natürlich einiges an Recherchen. Wenn irgendwo eine solidarische Landwirtschaft ist, kann ich dort mitarbeiten und mich einbringen und Produkte einkaufen. Und ich kann vielleicht von dort ein wenig Kompost für den heimischen Balkon mitnehmen.
Ich habe in einigen Fachzeitschriften Serien über unsere Böden veröffentlicht. Der Boden ist die Lebensgrundlage für alles. Und wir zerstören ihn gedankenlos. Es schmerzt einfach.
Dann muss ich zu meinen Pflanzen rausgehen und ihnen gut zureden. Gärtnern, sich mit Pflanzen und ihrem Wohlergehen zu befassen kann sehr hilfreich sein, ist auf alle Fälle entspannend und kann glücklich machen. Eigenes Gemüse, Obst, Salate zu erzeugen macht uns bewusst, welch langwierige Prozesse damit verbunden sind. Eigene Tomaten, Kräuter, Salate frisch vom Balkon gepflückt haben einen hohen Stellenwert und große Wertschätzung. Darum geht es im Leben. Gärtnern hilft. Das sagen mir auch immer wieder Seminarteilnehmende, dass sie es wunderbar finden, in der Erde zu wühlen.
Frau Windsperger, vielen Dank für Ihre Zeit und das inspirierende Gespräch.