Die Gefahren durch Artensterben und Klimawandel sind nach wie vor mindestens ebenso groß wie die Gefahren durch die Coronapandemie – und haben die gleichen Ursachen. Der Umweltforscher und Agrarökologe Josef Settele erläutert die Gründe und Folgen dieser dreifachen Krise anhand der Insekten, deren Gefährdung beispielhaft für die der gesamten Artenvielfalt steht. Die Auslöser sind zugleich wesentliche Ursachen für den Ausbruch von Pandemien. Der Klimawandel verstärkt diese Entwicklung noch mal dramatisch. Wie das geschieht, erklärt Prof. Settele
in diesem Gespräch, das wir im August 2021 im Museum für Naturkunde in Berlin führten.
Herr Prof. Settele, Sie haben vor zwei Jahren gemeinsam mit Sandra Dias aus Argentinien und Eduardo Bondizio aus den USA den Globalen Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) vorgelegt. Welche Erkenntnisse sind für Sie neu oder am beeindrucktesten gewesen?
Neu war für mich nicht der Inhalt des Berichts. Aber der Entstehungsprozess war beeindruckend, weil man am Ende mit den Vertreter:innen der Regierungsdelegationen Konzepte in Frage stellen konnte, wie das Bruttoinlandsprodukt als Maß aller Dinge. Wir haben uns entschieden, diese Fragestellung in den Bericht aufzunehmen, und waren erstaunt darüber, dass sie zwar nicht glatt durchging, aber doch im Bericht zu finden war.
Bei den Verhandlungen waren alle dabei: die USA, Argentinien, Brasilien, Indien und China. Man diskutierte über Fragen der Ethik und Werte, über Ideen, die jenseits der rein ökonomischen Bewertung liegen.