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Future Food: Wie und was werden wir morgen essen? Und was hat das mit Science Fiction zu tun?

Beitrag im österreichischen Online-Medium imLAND

Rinderburger aus Argentinien, Convenience Food, welches seine scheinbaren Hauptzutaten nur in homöopathischen Dosen enthält, Insekten als Fleischersatz, der Verfall der Esskultur und wie das alles mit dem Klima zusammenhängt. Was ist die Zukunft unserer Ernährung? Wie wollen wir morgen essen und trinken? Und vor allem: Was wollen wir in Zukunft essen?

Sieht unsere Ernährung in Zukunft (noch) so aus?

Die Coronapandemie stellte 2020 gerade sein Leben auf den Kopf, als Eckard Christiani die Idee für seine Buchreihe „morgen – wie wir leben wollen“ kam. Jetzt ist der erste Teil der Reihe erschienen. Und widmet sich gleich mal jenem Thema, das uns alle angeht: „Wie wir morgen essen und trinken wollen“. Der Titel hält, was er verspricht: Interviews mit Spezialisten aus Politik, Ernährungsmedizin, Kochen, Fitness und Einzelhandel geben einen spannenden Einblick ins Thema Ernährung und Lebensmittelgewinnung der Zukunft.

Aber fangen wir doch mit heute an. Hand auf’s Herz … oder besser gesagt, auf’s Handy: Wie oft ist das Handy die Beilage (oder gar die Hauptzutat) deines Essens? Es liege vieles im Argen in der Art, wie wir uns ernähren und wie wir uns die Mittel zum Leben organisieren, fasst der Autor seine Recherche zusammen. „Wie wir gemeinsam am Tisch sitzen, wohnen, kochen und möglichst morgens, mittags und abends gemeinsam essen, sagt viel über uns aus. So hängen heute viele Menschen auch während des Essens mit dem Handy am Sofa – mit Pizza aus dem Karton und kaum Kommunikation bei den Mahlzeiten“, sagt Christiani. Das beeinflusse unser gesamtes Leben. Denn: Ein Handy am Tisch sei nicht einfach nur ein Handy am Tisch. Es mache etwas mit uns – und unserer Gesellschaft. Und das sei, so Christiani weiter, nicht zu unterschätzen.

Die Klimakrise lässt sich nicht runterschlucken

Diese Unbewusstheit beim Essen wirke sich auch auf die Art und Weise, wie wir uns um unsere Lebensmittel kümmern, aus. Christiani: „Sie trägt maßgeblich zur Klimakrise und dem Artensterben bei.“ Er meint damit die herkömmliche Agrarwirtschaft, aber nicht die Biolandwirtschaft. „Man sollte sich mit den Lebensmitteln beschäftigen. Woher kommen sie, wie werden sie produziert?“

Bewusst genießen – wie geht das?

Und wie entsteht nun dieses Bewusstsein für Lebensmittel? „Wenn man nur qualitativ schlechte Lebensmittel – etwa Tetrapack-Wein – gewöhnt ist, hat man kein Verständnis dafür, was guter oder schlechter Wein ist. Ein guter sizilianischer Weißwein, gewachsen auf Lava ist etwas komplett anderes als sein Pendant aus der Tüte“, erklärt Christiani.

Die Augen geöffnet für das bewusste Essen hat ihm vor allem das Interview mit Ernährungsspezialisitin Katarina Schickling. Sie beschäftigt sich schon seit zehn Jahren damit, was in Fertiggerichten eigentlich wirklich enthalten ist. „Als ich mich intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt habe, war ich erschüttert.“ Man müsse sich klar machen, dass man mit Fertiggerichten keine Lebensmittel kauft wie jene, welche wir zum Kochen verwenden würden. Für Geschmack und Konsistenz würden Zusatzstoffe in die Gerichte kommen, die oft sogar ein bisschen nach Bioladen klingen – etwa „Johannisbrotkernmehl“. „Tatsächlich ist aber Johannisbrotkernmehl ein industriell erzeugter, enorm leistungsfähiger Verdicker.“ Davon würde Schickling die Finger lassen. Genauso wie von „natürlichen Aromen“. Dieser Begriff (man findet ihn nicht selten auf der Zutatenliste) signalisiere immer, dass das Produkt nicht aus dem Stoff gefertigt ist, nach dem es schmeckt.

Wir können uns mit Lebensmitteln gesund oder krank machen

„Alle Zivilisationskrankheiten haben mit unserer Ernährung zu tun, deshalb können wir uns selbst mit Nahrungsmitteln heilen“, weiß Christiani seit seinem Gespräch mit Ernährungsmedizinerin Petra Bracht. Sie stellte die Ernährung von Patienten mit Neurodermitis um – und nach zwei Wochen waren deren Schübe komplett weg. Weitere Erfolge verzeichnete sie auch bei Diabetes, Herzkrankheiten und Gelenksschmerzen.

Bracht empfiehlt dafür, dass man Obst – am besten Beeren im Joghurt –Sprossen, viel Gemüse, Blattsalate, frische Kräuter, Hülsenfrüchte, fermentiertes Gemüse täglich isst und Fleisch meidet. Das helfe der Gesundheit immens. Viel hält sie übrigens auch vom Intervallfasten, das durch die Autophagie die Zellreinigung vorantreibt.

Mit ohne Fleisch ist am besten

„Wie man es dreht und wendet, fleischlose Ernährung ist für alle und alles das beste“, erklärt Christiani. Fleisch zu essen sei für die Gesundheit, die Umwelt und die Klimakrise der „falscheste Weg“.

Das wirft die Frage auf, mit welchen Lebensmitteln man stattdessen alle Menschen ernähren könnte? Die Antwort darauf: „Mit Bohnen, Pilzen, Algen und Insekten könnte das funktionieren.“

Klingt erst mal gewöhnungsbedürftig, aber Christiani schmunzelt: „Man kann viele Lebensmittel mit ihnen herstellen – man muss sich dafür nur ein bisschen umstellen.“ Natürlich möchte aber nicht jeder auf Fleisch verzichten, zumindest nicht gänzlich. „Es hilft, wenn man weiß, woher das Fleisch stammt, welches man genießt. Es sollte regional und bio sein“, so Christiani.

Future Food – wo sind die Speisen, die wir in Science Fiction Filmen sehen?

„Future Food wird stiefmütterlich von Köchen und der Lebensmittelbranche behandelt“, sagt David Marx im Buch von Christiani. Marx ist Fooddesigner, er vermisst kreative Lösungen für vegetarische und vegane Gerichte. Aus dem Hamburger aus Rind einen Veggieburger zu machen und die Bratwurst in eine vegane Bratwurst zu verwandeln, sei einfach nur Nachahmung und damit zu wenig. „Das muss völlig neu gedacht werden. Es bringt nichts, einen Burger aus Insekten zu machen. Der Burger aus Rindfleisch ist gut wie er ist.“ Um die Menschen auf den Geschmack von Insekten zu bringen, ohne sich überwinden zu müssen, brauche es Produkte, die köstlich sind, neu gedachte Produkte.

Apropos neu. In Japan werden Speisen mittlerweile gedruckt. Das Unternehmen Open Meals hat etwa die verrückte Idee eines Sushi Teleporters entwickelt. Ob so die Zukunft der Speisen auch hierzulande aussieht? Für Eckard Christiani ist nun jedenfalls seit dem Schreiben seines Buches eines klar: „Ernährung ist eine der, wenn nicht DIE zentrale Frage nach der Zukunftstauglichkeit der Menschheit. Das war mir vorher noch gar nicht so klar.“ Mittlerweile schreibt er übrigens schon an den nächsten Teilen der Buchreihe. Aber jetzt müsse er erst mal einkaufen gehen, sagt er. „Das Kochen und das gemeinsame Essen hat jetzt einen noch höheren Stellenwert für mich.“

Von Susanna Winkelhofer und Verena Schweiger für imLAND

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Von Eckard Christiani

Eckard Christiani ist ein Journalist, Kommunikationsberater und Grafikdesigner.